Auszug aus dem Buch

"Die andere Wirklichkeit der Homöopathie"

von Jörg Wichmann

Informationen zum Buch

 

Glossar homöopathischer Fachbegriffe

Ähnlichkeitsgesetz, -regel, s. 1. Kapitel

akute Krankheit s. Miasmen

Allopathie, (bei Hahnemann noch: Allöopathie) ist der von Hahnemann geprägte Gegenbegriff zur Homöopathie. Allerdings hat der Begriff eher polemischen als sachlichen Wert, denn es ist wenig sinnvoll alle nicht homöopathischen Heilweisen unter einem Wort zu subsummieren. Vom Wort her bedeutet Allopathie: Heilung durch Anderes (im Gegensatz zum Gleichen / Homöo-).

Anamnese ist das Gespräch zwischen HomöopathIn und PatientIn zur Feststellung aller für die Verordnung eines Arzneimittels wichtigen persönlichen Einzelheiten. Neben diesen ist sicherlich der Eindruck, bzw die im Gespräch entstehende Atmosphäre ebenso wichtig. Das Wort Anamnese kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet sinngemäß: aus dem Vergessen zurückholen.

Antidotierung bedeutet die Aufhebung oder Schwächung der Wirkung eines homöopathischen Arzneimittels durch bestimmte unverträgliche andere Substanzen (Kaffee, Essig) unabsichtlich; oder absichtlich durch ein anderes homöopathisches Mittel, wenn eine Wirkung oder Arzneimittelprüfung unterbrochen werden soll. Wenn die homöopathische Behandlung sich bemüht, die Lebenskraft anzuregen, dann kommt es auch darauf an, wie die Reaktionsbedingungen sind. Die Reaktionsmöglichkeiten zur Ausheilung eines Lungenleidens (um ein sehr einfaches Beispiel zu wählen) sind natürlich bei einem Raucher stärker eingeschränkt. Viele HomöopathInnen gehen mit Hahnemann auch davon aus, daß eine Reihe von Nahrungs- und Genußstoffen die homöopathischen Heilmöglichkeiten stark beeinträchtigen können. Ganz oben auf dieser Liste steht der Kaffee, den es um jeden Preis zu meiden gilt, aber auch Pfefferminze und alle anderen ätherischen Öle, vielfach auch Essig oder Tee. Vermutlich weil Hahnemann selbst geraucht hat, gehört Tabak nicht zu den verpönten Stoffen. Der Umgang mit diesen „Antidoten" ist bei verschiedenen HomöopathInnen unterschiedlich streng. Manche beachten sie kaum; andere geben ihren PatientInnen penible Verhaltensmaßregeln mit. Natürlich kann jemand, der seinen Energiehaushalt ständig mit Drogen wie Kaffee, Alkohol oder Nikotin durcheinanderbringt, nicht auf die Dauer gesund sein – diese Erkenntnis hat gar nichts mit Homöopathie zu tun. Aber wenn schon Pfefferminztee oder jede Art von Küchengewürzen (denn diese zählt Hahnemann auch zu den Antidoten) ein homöopathisches Mittel unwirksam machen würden, dann könnten wir die meisten Menschen gar nicht behandeln. Die Erfahrung vieler KollegInnen zeigt, daß nur selten und im Einzelfall ein Mittel durch irgendeinen Einfluß antidotiert wird. Ein gut gewähltes homöopathisches Mittel wirkt relativ unabhängig von solchen äußeren Begebenheiten. (s. auch Fußnote 59)

Arzneimittellehre, Reine. Die Reine Arzneimittellehre ist eine reine Auflistung aller in homöopathischen Arzneimittelprüfungen gewonnenen Einzelsymptome, ohne ihre Deutung oder Umschreibung. Insbesondere ist damit Hahnemanns selbst verfaßtes mehrbändiges Werk gemeint.

Arzneimittelprüfung siehe Abschnitt im 1. Kapitel

Aude sapere war Hahnemanns Motto (Wage, zu wissen/weise zu sein; oder in seiner eigenen Übersetzung: Habe das Herz, Einsicht zu haben). Es gibt auch heute noch eine Reihe von HomöopathInnen, die die Ausführungen Hahnemanns für der Weisheit letzten Schluß im buchstäblichen Sinne halten. Homöopathische Forschung besteht für sie in möglichst getreuer Textauslegung gemäß Hahnemanns Satz: Macht´s nach, aber macht´s genau nach. Sicherlich hatte Hahnemann solche unduldsamen und dogmatischen Züge. Aber daß er selbst vor allem ein großer Reformator und vorwärts drängender, unabhängiger Denker war, bleibt in dieser Sicht des Gründers außen vor. Aus solchem Ansatz würde eine sektenartige Homöopathie entstehen, deren Entwicklung mit ihrem Beginn schon wieder zu Ende wäre und die ihrem Begründer keinen Gefallen tut. Deshalb folgen die meisten BehandlerInnen seinem Motto „Aude sapere", welches seiner Grundhaltung und seinem Lebenswerk viel eher gerecht wird.

Bach, Edward (1886–1936) war ein britischer Homöopath, der sich besonders um die Entwicklung von Nosoden (s.dort) verdient gemacht hatte. Er wollte dann, angesichts der Kompliziertheit homöopathischer Arzneimittelfindung, ein System schaffen, mit Hilfe dessen auch Laien auf einfache Weise die verschiedenen Leiden und Befindensstörungen des Alltags behandeln konnten. Er ließ sich intuitiv zu insgesamt 38 verschiedenen Heilpflanzen führen, die er zu den Essenzen der Bachblüten-Mittel zubereitete, indem er ihre Blüten in Quellwasser dem Sonnenlicht aussetzte. Die Methode verbreitete sich im Laufe des Jahrhunderts weit und wurde von anderen Behandlern um weitere Blüten ergänzt. Trotz mancher oberflächlicher Übereinstimmungen, hat die neue Heilweise Bachs doch wenig mit der Homöopathie gemeinsam. Er stützt sich nur auf persönliche Eingebung, nicht aber auf Erfahrung und Arzneimittelprüfungen. Es wird nicht auf der Grundlage der Simileregel verordnet, sondern eher allopathisch. Und die Substanzen sind nicht potenziert.

Bachblüten, s. Bach

Bönninghausen, Clemens M.F.von (1785-1864) war derjenige Schüler, von dem Hahnemann – neben seiner Frau Melanie – am meisten hielt. Bönninghausen erarbeitete eines der ersten Repertorien und gab eine Reihe anderer Schriften heraus. Typisch für seinen homöopathischen Stil ist, sich überwiegend an den Modalitäten und Allgemeinsymptomen zu orientieren.

C – Potenz, s. Potenzierung

Causa wird in der homöopathischen Anamnese eine eindeutige Ursache für einen kranken Zustand genannt. Wenn mir etwa ein Stein auf den Kopf fällt, gilt dies als eine Causa im homöopathischen Sinne. Hierunter werden allerdings nur sehr unmittelbare und leicht erkennbare Einwirkungen verstanden, die zu einem eindeutig damit beginnenden Zustand führen. Die Idee, eine Causa als etwas Besonderes von anderen Hintergründen einer Erkrankung zu unterscheiden, beruht darauf, daß diese als einzige echte Außeneinwirkung gilt. Ein durch eine „Causa" entstandener Zustand läßt sich mit einem einzigen Mittel beheben.

chronische Krankheit s. Miasmen

D – Potenz. Potenzierung durch Verdünnung im Verhältnis 1:10 und Verschüttelung. D-Potenzen liegen erst ab der Potenzhöhe D 24 im immateriellen Bereich (C-Potenzen schon ab C 12). Die D-Potenzen sind eine mitteleuropäische Sonderentwicklung der ersten Jahrhunderthälfte als Konzession an das naturwissenschaftliche Denken. In ihnen „ist mehr drin". Homöopathisch ist diese Herstellung nicht sinnvoll und hat sich auch nicht durchgesetzt. In deutschen Apotheken, besonders in Komplexmitteln (s.dort) werden noch viele D-Potenzen eingesetzt. Aber mit der zunehmenden Internationalisierung der klassischen Homöopathie verschwinden sie langsam wieder.

Dynamis ist Hahnemanns Ausdruck für die „geistartige Lebenskraft", wie er sagt. Diese Kraft ist auf verschiedenste Art benannt worden als Vitalprinzip, Ätherkraft, Od, Prana, Chi, Ki, animalischer Magnetismus. Es handelt sich um die Kraft, die alles Lebendige durchzieht und die wir mit allen Lebewesen gemeinsam haben. Ohne ihr Wirken unterliegt der physische Körper nur den Gesetzen der Chemie und verwest.

Erstreaktion, -verschlimmerung, s. 1. Kapitel, Abschnitt Heilungsverlauf

Follow up ist die Bezeichnung für die Folgetermine nach der Anamnese, in welchen die Wirkung des gegebenen Mittels zu beurteilen und eventuell eine Zweitverschreibung festzulegen ist.

Globuli. Als Globuli (Singular: Globulus), zu deutsch Kügelchen, werden die Streukügelchen aus reinem Zucker bezeichnet, die meist als Träger der homöopathischen Arzneimittel dienen. Der letzte Herstellungsschritt einer Arznei besteht darin, daß die in Lösung befindliche gewünschte Potenz auf solche Streukügelchen aufgesprüht wird. Sie lassen sich gut und lange aufbewahren und erleichtern die Dosierung. Die Größe dieser Globuli variiert zwischen den Herstellerfirmen und spielt für die Verordnung und Dosierung keine Rolle. Auch die Anzahl der verabreichten Globuli ist für den Heilerfolg unwichtig. Da es sich um Information und nicht um Materie oder Energie handelt, sind zehn Globuli so wie zehn Kopien des gleichen Gedichts. Wenn es stimmt, reicht eines. Aus psychologischen und Gewohnheitsgründen geben die meisten BehandlerInnen zwischen 3 und 10 Globuli.

Hahnemann, Melanie (1800-1878, geb. Marquise Marie Mélanie d´Hervilly) war Hahnemanns zweite Frau, mit der er in den letzten zehn Lebensjahren gemeinsam die Praxis in Paris führte. Er bezeichnete sie als seine beste Schülerin. Leider konnte sie als Frau ohne ärztliche Approbation nach seinem Tode nur unter großen Schwierigkeiten weiter praktizieren. Ihr Schicksal ist in dem Buch „Eine homöopathische Liebesgeschichte" gut beschrieben.

Hahnemann, Samuel Begründer der Homöopathie. Siehe Kasten im ersten Kapitel.

Hering´sche Regel nennt man die häufige Beobachtung, daß ein Heilungsprozeß von innen nach außen, von wichtigen zu weniger lebenswichtigen Organen, von oben nach unten und in der chronologischen Folge rückwärts verläuft. Die kurzfristige Wiederkehr alter Symptome wird also ebenso als ein Zeichen eines erwünschten Heilungsprozesses gewertet wie die Verschiebung der Symptomatik in die oben genannten Richtungen, also etwa von der Lunge auf die Haut, vom Bauch zu den Füßen.

Hierarchisierung ist eine Arbeitstechnik homöopathischer TherapeutInnen, um eine Ordnung in die Fülle der in der Anamnese genannten Symptome zu bringen.

Hochpotenz werden – je nach Schule unterschiedlich – entweder die Potenzen genannt, deren Verdünnungsgrad höher ist als die Avogadro´sche Zahl, also über D 24 oder C 12. Oder aber es sind Potenzen gemeint, die höher sind als die üblichen, die also oberhalb von C 30 und C 200 liegen.

Homöopathische Impfung ist ein häufig auftretender, moderner Begriff, der aber mit Homöopathie nichts zu tun hat und dessen zugrundeliegende Idee den homöopathischen Regeln widerspricht. Vorbeugend ist Homöopathie nicht möglich, da sie immer von auftretenden Symptomen ausgeht. Bei diesen sogenannten homöopathischen Impfungen wird einfach die Nosode (s.dort) der zu impfenden Krankheit gegeben und soll vor deren Auftreten schützen. Es gibt weder für noch gegen dieses Verfahren irgendwelche gesicherten Kenntnisse. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine Form der Homöopathie.

Isopathie ist eine Heilweise von „Gleichem mit Gleichem" (Homöopathie heilt mit „Ähnlichem"), etwa wenn ich gegen eine Tuberkulose die Nosode Tuberculinum geben würde. Impfen ist auch ein isopathisches Prinzip.

Kent, James Tyler (1849 – 1916) kann wohl als der einflußreichste Homöopath nach Hahnemann betrachtet werden. Von ihm stammt das wichtigste Repertorium der homöopathischen Arzneimittel, von ihm stammt auch die am häufigsten verwendete Potenzenreihe in der Verordnung: C 30, C 200, C 1000, C 10000, und von ihm stammen bis heute maßgebliche Werke über Materia medica und homöopathische Philosophie. (s. auch Kasten „Geschichtliche Verbindungen...")

Klassische Homöopathie. Als „klassisch" wird allgemein die Form der Homöopathie bezeichnet, die sich genau an die von Hahnemann aufgestellten Gesetze und Regeln der Therapie hält. Dabei gibt es ein gewisses Spektrum zwischen den TherapeutInnen, die sich eher an Hahnemanns Satz „Macht´s nach, aber macht´s genau nach." halten, und denen, die sich mehr mit seinem Leitspruch „Wage es, weise zu sein" (aude sapere) wohlfühlen und – wie Hahnemann selbst – kritisch weiter forschen und die Methode entwickeln. Praktisch gesehen erkennen Sie „klassisch" arbeitende HomöopathInnen gewöhnlich daran, daß sie nur ein Arzneimittel zu einer Zeit geben, daß sie gründliche und ausführliche Anamnesen durchführen, daß sie nicht mehrere Methoden mischen und daß sie sich auf genaues Beobachten und Zuhören stützen und nicht auf Spekulationen.

Komplexmittel nennt man Arzneimittel, die aus einem Gemisch potenzierter Stoffe bereitet werden. Diese werden aufgrund ihres Bezugs zu bestimmten Organen ausgewählt und nach schulmedizinischen Kriterien, also ohne Berücksichtigung des Simile-Prinzips verabreicht. Im Grunde hat die sogenannte Komplexmittel-„Homöopathie" nichts mit der Homöopathie Hahnemanns zu tun.

Konstitutionsbehandlung ist ein sehr gebräuchlicher, aber sehr mißverständlicher Begriff, der nicht wirklich aus der homöopathischen Theorie stammt. Gemeint soll damit meist eine Art grundlegender Behandlung sein, die über die konkrete Symptomatik hinausgeht. In der klassischen Homöopathie wird aber nach Möglichkeit von bestehenden Symptomen ausgegangen. Gibt es keine eigentümlichen, individuellen Symptome oder Modalitäten, sondern nur sehr allgemeine Krankheitszeichen, dann kann man manchmal zunächst nur versuchen, anhand der „Konstitution" dieses Menschen zu verschreiben. Dabei kommen natürlich dann nur wenige, gut bekannte Mittel in Frage, für die eine solche, oft etwas klischeehafte Konstitution bekannt ist (Beispiel: Nux vomica ist das typische HB-Männchen mit Streß-Symptomen). Insofern ist die „konstitutionelle Verschreibung" im strengeren Sinne eine dritte Wahl mangels guter Kriterien. Viele PatientInnen kommen sogar mit dem Anliegen in die Praxis: „Ich bin eigentlich gesund, aber ich wüßte gern mein Konstitutionsmittel." – etwa wie mein Sternzeichen: Pulsatilla sucht Aurum.

Lebenskraft, s. Dynamis

LM – Potenz, s. Potenzierung

Magnetisieren bedeutet die direkte Übertragung von Lebenskraft von einem Menschen auf einen anderen. Der von Franz Anton Mesmer (1734-1815) geprägte Begriff beruht auf der zu seiner Zeit gängigen wissenschaftlichen Vorstellung, es gäbe einen engen Zusammenhang oder eine Identität zwischen der Vitalität und dem Magnetismus. Zur Unterscheidung wurde zum Teil vom animalischen Magnetismus oder auch Zoomagnetismus gesprochen. Diese Verbindung führte wohl auch dazu, daß Hahnemann Arzneimittelprüfungen mit der Wirkung von Magneten auf den menschlichen Körper durchführte. Hahnemann war ein überzeugter Verfechter der Heilwirkung des Magnetisierens und empfahl die Kombination mit der homöopathischen Therapie. Allerdings folgten ihm darin bis heute nur wenige seiner Schüler.

Masi-Elizalde, Alfonso (geb.1932) ist ein argentinischer Homöopath, der durch eine neue Interpretation des „transzendentalen Kernes" einzelner homöopathischer Arzneimittel auf der Basis der Lehre Thomas von Aquins großen Einfluß gewonnen hat. Und Masi sieht in den drei Miasmen nur verschiedene Stadien und Strategien der Psora.

Mesmerismus, s. Magnetisieren

Miasma, pl. Miasmen nennt Hahnemann die drei chronischen Krankheiten, die er für die „Urübel" menschlichen Leidens hält: Psora (Krätze), Sykosis, Syphilis. Hahnemanns Vorstellung war, daß chronisches Kranksein sich durch Ansteckung im Körper festsetzt und selbst durch eine korrekte homöopathische Akutbehandlung nicht auszuheilen ist, das heißt sich in immer neuen Symptomen wieder meldet. Die meisten auftretenden Leiden seien nur unterschiedliche Äußerungsformen dieser drei chronischen Grunderkrankungen, der Miasmen. Als akute Erkrankung im homöopathischen Sinne kann nur eine solche gelten, die nicht miasmatisch begründet ist, sondern als in sich abgeschlossene Einheit auftritt und durch eine Mittelgabe vollständig auszuheilen ist. Eine echte akute Krankheit heilt ohne heilende Maßnahme entweder von allein und ohne Folgen aus oder führt zum Tode. Fast alle im üblichen Sinne akut auftretenden Gesundheitsstörungen würden homöopathisch jedoch als Aufflackern des chronischen Grundübels eingestuft.

Modalitäten sind die besonderen Begleitumstände, unter welchen ein Symptom auftritt. Für die homöopathische Arzneimittelwahl ist es sehr wichtig, ob ein Schmerz immer morgens oder immer abends auftritt, ob er durch Wärme besser oder schlechter wird, usw.

Niedrigpotenz, s. Hochpotenz

Nosoden sind homöopathische Arzneimittel, die aus Krankheitserregern gewonnen werden. Abgetötet und in hohen Potenzen sind diese natürlich nicht ansteckend. Die wichtigsten Nosoden sind Tuberculinum, Medorrhinum, Psorinum, Syphilinum.

Organon meint als Abkürzung gewöhnlich Hahnemanns theoretisches Hauptwerk, welches in der ersten Ausgabe „Organon der rationellen Heilkunde" und später „Organon der Heilkunst" hieß.

Palliation (adj.: palliativ) ist die Bezeichnung für eine medizinische Behandlung, die aufgrund eines fortgeschrittenen Krankheitszustandes nicht mehr die Heilung zum Ziel hat, sondern nur zu lindern versucht.

Placebo (lat.: ich werde gefallen) ist der übliche Begriff für eine Scheinarznei. Als Placebowirkung wird bezeichnet, daß sich ein großer Teil von Heilmitteln auch durch eine als medizinisch unwirksam geltende Substanz ersetzen lassen, ohne daß die Wirkung gemindert wird. Der Placeboeffekt liegt bei allen bisher untersuchten Heilmethoden, schulmedizinischen wie alternativen, je nach Ansatz der Untersuchung zwischen 40 und 60 Prozent. Interessanterweise gibt es keinen Zusammenhang zwischen Placeboeffekt und Suggestibilität der Versuchspersonen, was ja meist als Erklärung verwendet wird. – Häufig wird der Homöopathie vorgeworfen, sie beruhe nur auf Placebowirkungen, was sich aber durch eine Reihe von Studien widerlegen ließ. (s. Literatur zu naturwissenschaftlichen Studien und Ivanovas, Doppelblind)

Polychrest (griech.: viel gebraucht, oder auch: vielfach heilsam). Als Polychreste werden in der Homöopathie diejenigen Arzneimittel bezeichnet, die von den meisten Praktizierenden ständig verwendet werden: Sulfur, Pulsatilla, Calcium carbonicum, Lycopodium, Sepia, Natrium muriaticum und noch 30 bis 40 andere. Die sogenannten Kleinen Mittel sind weniger gut bekannt und werden seltener verwendet. Die Aufteilung ist in den letzten Jahren immer stärker umstritten und wird von vielen heutigen HomöopathInnen für zu willkürlich gehalten.

Potenz wurde von Hahnemann zunächst als sehr allgemeiner Begriff für alle Arten von Kräften und Einflüssen verwendet, von den Naturkräften, dem Wetter bis hin zur Krankheitsansteckung, zur Giftwirkung und auch zu Heilmitteln. Allerdings hat der Begriff seine Bedeutung im Laufe der homöopathischen Geschichte eingeschränkt auf Heilmittel, die mittels eines genau bestimmten Verfahrens dynamisch hergestellt werden – s. Potenzierung.

Potenzierung ist der Begriff, den Hahnemann ab 1827 für die Herstellung der homöopathisch wirkenden Arzneien benutzte. Zum Teil sprach er mit gleicher Bedeutung auch von „Dynamisieren". Durch das abwechselnde Verdünnen und rhythmisches Verschütteln wurde einerseits die chemische Giftwirkung einer Arznei verringert und andererseits ihre geistigartige Heilkraft verstärkt. Die Benennung von Potenzen erfolgt nach ihrer Herstellungsmethode. Wird pro Verschüttelung im Verhältnis 1:10 verdünnt, so spricht man von einer D-Potenz, wird 1:100 verdünnt von einer C-Potenz, wird 1:50000 verdünnt von einer Q- oder LM-Potenz. Die D-Potenzen haben sich im Lager homöopathischer Skeptiker entwickelt, die erreichen wollten, daß mehr Substanz erhalten bleibt. Sie unterscheiden sich in der Anwendung nicht erheblich von den C-Potenzen, haben sich aber nicht durchgesetzt. Die von Hahnemann verwendete Zubereitungsform ist die der C-Potenzen. Die Q-Potenzen entwickelte er erst gegen Ende seines Lebens, weil diese ihm sanfter zu wirken schienen. Diese werden gewöhnlich in kürzeren Abständen als die C-Potenzen und häufiger wiederholt.

Psora, s. Miasma

Q – Potenz, s. Potenzierung

Repertorium ist eine systematisierte Sammlung homöopathischer Symptome, um leicht nachschlagen zu können, für welche Arzneimittel dieses betreffende Symptom bekannt ist. Das bekannteste Repertorium hat Kent zusammengestellt. Heute gibt es erweiterte Fassungen. Das „Synthesis" und das „Complete" sind zur Zeit die umfangreichsten Repertorien, die auch als Computerprogramme zugänglich sind.

Schlüsselsymptome (keynotes) sind bewährte Symptome eines Mittels, auf die allein hin sich oft (aber längst nicht immer!) die Verschreibung eines Mittels lohnt.

Schüßler, Wilhelm H. (1821-1898) war ein Homöopath, der versuchte, die Homöopathie durch niedrig (D 6 und 12) potenzierte „Biochemische Funktionsmittel" zu vereinfachen, die sich an der Zellchemie orientieren. Weder die Art der Verschreibung (ohne Simile), noch die Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit haben aber mit der Homöopathie zu tun.

Signaturenlehre wird eine Auffassung genannt, die die heilenden Qualitäten von Pflanzen an deren äußerer Form, an ihren Säften, Farben oder anderen unmittelbaren Eigenschaften feststellen will. Die Volksheilkunde hat sich solcher Analogien stets bedient. Allerdings ist die Signaturenlehre in der akademischen Medizin zu Hahnemanns Zeit derart degeneriert gewesen, daß er sich ausschließlich dagegen ausgesprochen hat. Viele moderne HomöopathInnen hingegen verwenden die Signaturen wieder, zumindest als Merkhilfe für komplexe Symptomenkombinationen.

Simile-Prinzip, s. 1. Kapitel

Simillimum bezeichnet das ähnlichst mögliche Arzneimittel für einen bestimmten Menschen, wogegen ein Simile einfach eines meint, das ähnlich genug ist, um eine befriedigende Heilwirkung zu erzielen. Die Wirkung des Simillimum ist sehr tiefgreifend und kann das ganze Leben verändern. Unbestritten ist unter PraktikerInnen, daß es nur sehr selten gelingt, das Simillimum eines Menschen zu finden.

Spagyrik ist eine alchimistische Methode zur Herstellung von Heilmitteln, die bis heute noch verwendet wird. Dabei geht es – ebenso wie beim homöopathischen Potenzieren – darum, das Wesen einer Substanz, ihre Essenz oder ihren Geist von der Materie zu befreien.

Sykosis, s. Miasma

Syphilie, s. Miasma

Unterdrückung meint in der Homöopathie eine Behandlung, die Symptome zum Verschwinden bringt, ohne tatsächlich die Krankheit auszuheilen. Dies führt erfahrungsgemäß zu einer Verschiebung oder Verschlimmerung des ursprünglichen Leidens. Im Prinzip kann jede falsche Behandlung, auch eine homöopathische unterdrückend wirken.

Urtinktur ist die Ausgangssubstanz, von welcher aus die homöopathischen Arzneimittel verrieben und dann verschüttelt werden, sozusagen die Potenz Null. Eigentlich bezieht der Begriff Tinktur sich auf eine alkoholische Lösung, wird in diesem Zusammenhang aber auch allgemeiner gebraucht.

Verreibung ist der erste Schritt zur Herstellung einer homöopathischen Potenz. Hahnemann gibt vor, die ersten drei Potenzierungsschritte mittels Handverreibung des Ausgangsstoffes in Milchzucker durchzuführen und danach erst in alkoholischer Lösung zu verschütteln. Nur wenige Hersteller richten sich heute noch nach dieser Vorschrift.

Verschüttelung ist der wichtigste Teil der Herstellung von Potenzen. Hahnemann gibt an, das Fläschchen kräftig mit der Hand auf einen festen, aber elastischen Gegenstand zu schlagen, etwa ein ledergebundenes Buch. Für die unzähligen Verschüttelungsvorgänge, die bis zur Erstellung einer C 1000 oder gar 10.000 nötig sind, hat man in der Zwischenzeit natürlich eine Reihe von Maschinen erfunden. Die Meinungen darüber, ob eine maschinell hergestellte Potenz genauso wirksam sei, wie eine handverschüttelte, gehen auseinander. Tatsache ist jedenfalls, daß die meisten heute verkauften homöopathischen Heilmittel von Maschinen hergestellt werden. Im Zuge der Renaissance dieser Therapieform wächst aber auch die Zahl kleiner Apotheken und Laboratorien in aller Welt, die es sich zur Aufgabe gesetzt haben, homöopathische Potenzen – und auch Hochpotenzen – von Hand herzustellen, wie Hahnemann es angewiesen hat.

Vithoulkas, Georgos (geb. 1932) hat die moderne Homöopathie entscheidend geprägt, indem er den von Hahnemann schon festgestellten Vorrang der Gemütssymptome wieder hervorhob und indem er die Idee von „Essenzen" der einzelnen Arzneimittel einführte. Seitdem bemühen sich viele HomöopathInnen die komplexen Arzneimittelbilder auf klare Grundstrukturen zurückzuführen oder auf ein grundlegendes Bild, aus welchen sich die meisten der Symptome ableiten lassen.

Wiederkehr alter Symptome, s. Hering´sche Regel